Gott im Leid begegnen
von David Guzik, Pastor, Bibellehrer und Autor
Gott ist vollkommen und heilig; seine Vollkommenheit ändert sich nie. Theoretisch gibt es nie einen berechtigten Grund, auf Gott zornig zu sein. Aber wenn jemals ein Mensch das Recht hatte, auf Gott zornig zu sein, dann war es wohl Hiob.
Hiob war ein gottesfürchtiger Mann, der seinen Schöpfer in allem, was er tat, ehrte. Hiob 1,1 beschreibt ihn als „rechtschaffen, aufrichtig und gottesfürchtig und sein Lebenswandel war untadelig“. Doch auf Veranlassung Satans und mit Gottes Erlaubnis brach über Hiob mit einem Mal großes Unheil herein.
Hiob stellte all die Fragen, die man in so einer Situation erwarten würde. Er fragte sich, warum er so großen Verlust erlitten hatte. Und seine Freunde machten alles noch schlimmer. Sie meinten es gut: Als sie das erste Mal zu ihrem trauernden Gefährten kamen, saßen sie einfach voller Trauer und Mitgefühl bei ihm. Hiobs Freunde glaubten zu verstehen, warum so viel Unheil über ihn gekommen war. Sie nahmen an, dass er sich in irgendeiner Weise versündigt hatte, so dass Gott ihn besonders hart bestrafte. Sie dachten, sie würden Hiob helfen, indem sie ihm rieten, Buße zu tun und wieder mit Gott ins Reine zu kommen. Das Problem an der Sache war, dass sie nicht wirklich wissen konnten, welche Gründe Gott dazu bewegten, Hiob so viel Leid zuzufügen.
Die Verluste, die Hiob erlitt, waren wie zwei große Wellen des Ozeans, die über ihn hereinbrachen. Nach der ersten Welle drückte Hiob Worte großen Glaubens und Vertrauens in Gott aus (Hiob 1, 20-22):
Da stand Hiob auf und zerriss seine Kleider. Er schor sich den Kopf, warf sich vor Gott zu Boden und sagte: »Nackt bin ich aus dem Leib meiner Mutter gekommen, und nackt werde ich sein, wenn ich sterbe. Der Herr hat mir alles gegeben und der Herr hat es mir wieder weggenommen. Gelobt sei der Name des Herrn!«. Trotz allem, was geschehen war, versündigte Hiob sich nicht gegen Gott und sagte nichts Ungehöriges.
Innerhalb weniger Stunden verlor Hiob praktisch seinen gesamten Besitz, seinen gesellschaftlichen Status und sogar seine Kinder. Als Reaktion darauf trauerte er, „zerriss sein Gewand und schor sein Haupt“. Und dann tat Hiob etwas Bemerkenswertes. Er „fiel zu Boden und betete an”. Hiob sprach Gott, seinem Schöpfer, Ehre, Lob und Vertrauen aus. Wir können das in Hiobs Worten lesen: „Der Herr hat … gegeben, und der Herr hat … genommen“. Der leidende Hiob war sich bewusst, dass er mit nichts in diese Welt gekommen war, und dass alles, was er besaß, ein Geschenk göttlicher Gnade war. Er wusste, dass – auch, wenn er jetzt weniger besaß – dies immer noch mehr war als das, womit er in diese Welt gekommen war, und mehr, als er mit in die jenseitige Welt nehmen würde. Hiob wusste, dass Gott die Kontrolle über sein Leben hatte und egal, was die Ursache für sein Unglück war, es musste erst durch die liebenden und weisen Hände Gottes gehen, bevor er davon getroffen wurde. Hiob betonte, dass Gott in allen Umständen des Lebens gewürdigt und gelobt werden müsse.
Aber die Geschichte von Hiob wird noch etwas komplizierter. Eigentlich könnte man erwarten, dass Gott angesichts von Hiobs erstaunlicher Reaktion vom Himmel herabschauen und sagen würde: „Gut gemacht, mein Kind. Ich werde dir kein Leid mehr zufügen.“ Aber das war nicht der Fall. Stattdessen brach die zweite Welle über Hiob herein und fügte ihm körperliches Leid zu. Wenn wir das Buch Hiob durchlesen, finden wir viele Berichte über Krankheiten und Verletzungen. Dazu gehörten große Schmerzen, sich schälende Haut, Ausbrüche von Wunden auf der Haut, Fieber, Depressionen, Schlaflosigkeit, nachlassende Sehkraft, faulende Zähne und starker Juckreiz. Auf diese Weise litt Hiob monatelang.
Um Hiobs Leiden – und unser eigenes – zu verstehen, ist es hilfreich, einen Blick auf den einzigen Vers im Neuen Testament zu werfen, in dem Hiob erwähnt wird. Wir finden ihn in Jakobus 5,11:
Denn wir schätzen jene glücklich, die im Leiden durchgehalten haben. Ihr kennt die Geduld Hiobs und wisst, wie der Herr alles zu einem guten Ende führte, denn er ist voll Mitgefühl und Barmherzigkeit.
Mit einem gewissen Maß an Kühnheit sagt Jakobus, dass die Geschichte von Hiob zeigt, wie Gott mit dem Leiden einen Zweck verfolgt („wie der Herr alles zu einem guten Ende führte „) und dass der Herr „voll Mitgefühl und Barmherzigkeit” ist. Wir sehen in der Geschichte Hiobs viele Beispiele hierfür. Gott ließ Hiobs Leiden nur aus guten Beweggründen zu, auch wenn Hiob die Gründe in dem Moment nicht verstand. In barmherziger Weise begrenzte Gott das zerstörerische Wirken Satans gegen Hiob. So schlimm es auch schon war, Satan wollte eigentlich noch mehr anrichten. Aber Gott sagte: „Nein“. Das Mitgefühl Gottes gegenüber Hiob war echt, denn er half ihm mit unsichtbarer Hand durch all sein Leid hindurch. Hiobs wunderbarer Sieg des Glaubens beruhte nicht darauf, dass Hiob allein handelte, sondern darauf, dass er auf alle Unglücke mit Gott erfüllt und mit ihm verbunden reagierte. Aus dem Text wird zwar nicht ersichtlich, dass der Geist Gottes Hiob zu diesem Handeln bewegte, aber wir wissen, dass es so war.
Am Ende hatte Gott etwas Tolles vollbracht: Er machte aus Hiob einen besseren und gesegneteren Menschen als je zuvor. Denk daran, dass Hiob, so gut er zu Beginn des Buches auch gewesen war, am Ende des Buches ein besserer Mensch war. Sein Wesen war besser, er war demütiger und er war gesegneter als zuvor.
Nur wenige von uns müssen genauso leiden wie Hiob, aber die Grundsätze gelten auch für den Gläubigen heute. Hiobs Leiden war nicht sinnlos; es war ein „vom Herrn gewolltes Leiden“. Gott nutzte das Leiden Hiobs, um sowohl Hiob als auch unzählige andere Menschen zu segnen und ihnen Gutes zu bringen. Soweit wir es beurteilen können, verstand Hiob all diese Beweggründe diesseits der Ewigkeit nicht. Doch nur weil Hiob die Hintergründe nicht verstand, bedeutete das nicht, dass sie nicht wahr waren. Es war Hiobs Aufgabe – und es ist unsere heute –, auf die göttlichen Beweggründe zu vertrauen, auch wenn er sie nicht sehen konnte. Mit Blick auf Gottes verborgene Pläne für Hiob kann auch vieles in Deinem Leben verständlich werden.
Bedenke, dass Gottes Absicht und Güte auch in den dunkelsten Zeiten wirksam sind. Derselbe Gott, der Hiob beistand und ihn zum Sieg führte, kommt auch Dir in Jesus Christus entgegen.
Zur Person: Seit mehr als 35 Jahren ist David Guzik Pastor, Bibellehrer und Autor des Enduring Word Bibelkommentars. Sieben Jahre lang lebte er auch mit seiner Frau Inga-Lill und ihren 3 Kindern in Deutschland, wo er eine internationale Bibelschule leitete.
Millionen von Menschen nutzen mittlerweile Davids kostenlosen Online-Bibelkommentar auf Webseiten wie enduringword.com und Blue Letter Bible. Auch sind Davids Materialien auf der YouVersion App und auf YouTube sehr beliebt.
Zur Zeit wird sein Bibelkommentar auch auf Deutsch übersetzt und kann bald auch hier kostenlos genutzt werden.
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