„GOTT IST IMMER NOCH SOUVERÄN“

Interview mit Dan Carlson von CBN Israel

 

Am 7. Oktober letzten Jahres startete der überraschende Angriff der Hamas auf Israel, bei dem so viele Israelis getötet wurden wie seit dem Holocaust nicht mehr. Dan Carlson leitet das CBN-Büro in Israel. Er hat uns besucht und wir durften als Team Zeit mit ihm verbringen, von ihm hören und für ihn und Israel beten. Auch wenn er seinen Humor nicht verloren hat, merkt man ihm an, dass ihn die letzten Monate schwer belasten. Dan hat mit uns über die Lage vor Ort gesprochen.

 

 

 

Das Interview

Israel ist nun schon seit über 100 Tagen in einer Kriegssituation. Wie erlebst du die Stimmung im Land?

Es herrscht viel Traurigkeit. Der Krieg ist ganz nah. Und so spüren wir alle andauernd seine Auswirkungen. Alle Nachrichten, alles, was man in Israel tut, hat irgendwie mit dem Krieg zu tun.

Es ist einfach ein ständiger Konfl ikt. Einige sind von der Regierung enttäuscht. Und viele haben das Gefühl, dass wir alles Mögliche versucht haben, aber nichts zu funktionieren scheint. Und ich denke, selbst die Frage, wie es weitergehen soll, wird viele Israelis in der Zeit nach dem Krieg beschäftigen: Was ist eine langfristige Lösung?

Die Menschen in Israel sind mit vielen grausamen Situationen konfrontiert. Wie traumatisiert sind sie?

Ich denke, das Trauma ist defi nitiv groß. Es wird gesagt, dass dies das schlimmste Ereignis in der Geschichte Israels war seit den Tagen des Holocausts. Und es ist eine sehr schreckliche Zeit. Wir sind Konfl ikte gewohnt in denen zehn Tage oder zwei Wochen lang gekämpft wird. Und dann beruhigt sich die Lage und die Menschen kehren zu ihrem normalen Leben zurück. Aber dieser Krieg ist anders. Der Konfl ikt dauert jetzt schon fast vier Monate an. Ein Ende ist nicht wirklich in Sicht. Es fühlt sich an wie ein sehr, sehr langer 7. Oktober – auch heute noch.

Was tut CBN in Israel, um den Menschen vor Ort zu helfen? Worin liegt euer Schwerpunkt?

Auch das hat sich mit dem Krieg geändert. In der ersten Zeit des Krieges ging es zunächst um die Evakuierung der Menschen. Das war das Wichtigste – noch bevor die Regierung erkannte, was vor sich ging und sich in Bewegung setzte und für Unterkünfte und Lebensmittel sorgte. Es gibt immer noch eine enorme Anzahl Israelis, die seit fast vier Monaten in Hotelzimmern leben – manchmal sind es vier oder fünf Mitglieder einer Familie in einem Hotelzimmer. Und wahrscheinlich wird es sich für einige dieser Familien nicht so schnell wieder normalisieren.

Wir haben unsere Hilfe angepasst, ob es nun um die Bereitstellung von Unterkünften oder Nahrungsmitteln geht. Aber wir denken auch darüber nach, wie man nun die Gemeinden stärkt, wie man Familien stärkt, die diese traumatischen Ereignisse erlebt haben. Wie kann man Veranstaltungen organisieren, die es Menschen ermöglichen, auf gesunde Weise miteinander zu interagieren. Und wir möchten eine Beratung für Wiederherstellung anbieten, für posttraumatische Belastungsstörungen und Ähnliches, sodass die Menschen beginnen können, die Geschehnisse auf emotionaler Ebene zu verarbeiten.

Wie gehst du persönlich mit all den Herausforderungen um, mit denen du konfrontiert bist?

In den ersten zwei Monaten des Krieges habe ich einfach versucht, nicht in Depressionen zu versinken. Also rennst du einfach los und bist die ganze Zeit am Machen. Man versucht, nicht zu schlafen bis man todmüde ist und dann schläft man ein. Nach ein paar Stunden wacht man auf, steht auf und fängt wieder an zu laufen, damit man nicht darüber nachdenken muss, was einen noch einholen könnte. Ich bin kein Psychologe, aber das ist wahrscheinlich nicht die beste Art, damit umzugehen. Man hat nicht den Luxus, sich Zeit zum Trauern zu nehmen und sich hinzusetzen und zu verarbeiten. Man ist immer noch mitten im Geschehen. Das ist der Punkt, an dem wir stehen. Und ich glaube nicht, dass ich damit allein dastehe.

Im Internet veröffentlicht CBN Israel eine Liste mit Gebetsanliegen. Da bittet ihr auch um Gebet für die Palästinenser. Wieso ist euch das ein Anliegen?

Wir führen humanitäre Projekte unter den Palästinensern durch. Wir spüren, dass Gottes Liebe nicht auf uns oder Menschen, die wie wir sind, beschränkt ist. Sie gilt allen Menschen. Und deshalb gilt die Barmherzigkeit Gottes, egal welcher Nation die Menschen angehören. Wir wissen, dass am Ende um den Thron der Gnade Menschen aus allen Stämmen, Sprachen und Nationen versammelt sein werden. Und wenn das der Fall ist, dann ist es unsere Pfl icht vor dem Herrn, diese Gnade auf alle auszudehnen – unabhängig des Stamms, der Gemeinschaft und der Sprache.

Wie blickst du geistlich auf diesen Krieg?

Ich denke, wenn man die Geschichte des Menschen aus der Nähe betrachtet, dann ist sie durchsetzt mit schrecklichen Ereignissen. Wenn ich mir also anschaue, was hier vor sich geht, dann geht es im Wesentlichen darum, dass die Menschen sich zwar im Bereich der Technologie entwickelt haben, aber nicht im Bereich der Umwandlung des Herzens. Das muss Gott für uns tun, damit wir nicht mehr das sind, was wir sind – nämlich gefallene Menschen. Und damit seine Absichten erfüllt werden können, brauchen wir ihn an Bord. Und wir müssen unsere Sicht der Dinge ändern. Wir wissen, dass Gott immer noch Gott ist, trotz allem, was wir nicht verstehen und trotz der Kämpfe, die wir durchmachen. Gott ist immer noch souverän. Sein Thron wird nicht durch die Dinge erschüttert, die uns erschüttern. Aber manchmal bringt uns das, was uns erschüttert, dazu, etwas zu suchen, das beständiger ist. Und wenn wir ihn in diesem Prozess fi nden, dann ist das ein solides Fundament, auf dem wir aufbauen können.

Was können wir hier in Deutschland für euch tun, besonders als Christen?

Was ich wirklich wertschätze – und ich denke, das taten auch viele Israelis – ist, dass die deutsche Regierung die Entscheidung getroffen hat, sich in Den Haag an die Seite Israels zu stellen, um das eigene Recht auf Verteidigung in diesem Krieg zu verteidigen. Dies ist ein Verteidigungskrieg, den Israel nicht gewählt hat. Er kam völlig überraschend und er ist ein Schock für die meisten Israelis. Dass dies ein legitimer Verteidigungskrieg ist, dass Israel kein imperialistischer Eroberungsstaat ist, dass sie in Frieden leben wollen und die Tatsache, dass die Deutschen das anerkennen, erwärmt, glaube ich, das Herz der Israelis ganz besonders. Viele Nationen hatten die Möglichkeit, sich gegen diese offensichtliche Verdrehung zu stellen, die Südafrika vor dem internationalen Gerichtshof gegen die israelische Nation und das jüdische Volk vorgebracht hat. Insbesondere das jüdische Volk ist wahrscheinlich sensibler für das Thema Völkermord als jede andere Nation der Welt. Und, dass Südafrika Israel des Völkermordes beschuldigt, ist eine entsetzliche Lüge. Israel hat oft das Gefühl, allein dazustehen. Und dass Deutschland sich in dieser Angelegenheit ausdrücklich auf die Seite Israels gestellt hat, war, glaube ich, ein sehr wichtiger Schritt für die Israelis, um zu sehen, dass jemand auf ihrer Seite steht.

Danke, Dan, dass du hier bei uns warst und wir an deinen Gedanken Anteil haben dürfen. Wir wünschen dir und dem israelischen Volk viel Kraft und viel Hoffnung.

Vielen Dank.

Bitte beten Sie um Kraft und inneren Frieden für Israel, für das CBN-Team vor Ort und für alle vom Krieg betroffenen Menschen. Beten Sie um Frieden. Und, wenn Sie können, unterstützen Sie CBN Israel mit einer Spende.

 

So können Sie helfen

 

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